Vom Schweinestall zum Energiespeicher – Landwirt setzt auf neues Standbein
„Andere investieren in bekanntere und erprobte Betriebszweige – wir setzen hier auf Energie.“
L P D – Wo früher Schweine grunzten, summt heute moderne Energietechnik: Landwirt Henning Müller hat in einem umgenutzten Schweinestall einen hochmodernen Batteriespeicher gebaut. „In diesem Stall vermissen wir die Schweine nicht – hier hat ein neues Kapitel begonnen“, sagt Müller, der mit der Anlage neue Wege in der landwirtschaftlichen Diversifizierung beschreitet. Die Tierhaltung stellt der Hof Fleming damit aber nicht in Frage.
Rund 1,6 Millionen Euro hat der Umbau des alten Schweinestalles gekostet. Unterstützt wurde das Vorhaben mit 300.000 Euro Fördermitteln des Landes im Rahmen des Diversifizierungsprogramms. „Andere investieren in bekanntere und erprobte Betriebszweige wie Ferienwohnungen und Hofläden – wir setzen hier auf Energie“, gibt der Landwirt an. Müller betreibt damit einen sogenannten Marktspeicher. Die Anlage handelt in verschiedenen Regelmärkten: Sie speichert Strom und speist ihn wieder in dasselbe Netz ein. Der Ein- und Verkauf erfolgt automatisch, gesteuert über IT-Systeme und den Vermarkter. Der Batteriespeicher kann 4.360 Kilowattstunden Strom speichern – genug, um rund 400 Haushalte einen Tag lang zu versorgen.
Der technische Anschluss ans Netz erfolgte in dieser Woche. Noch fehlen einzelne Freigaben durch den Netzbetreiber, damit die Batterie im Handel vollständig sichtbar und aktiv wird. „Es ist ein Prozess, um in allen Energiemärkten handeln zu dürfen – mit Tests und Freischaltungen“, erklärt Müller.
Von der ersten Idee bis zur Inbetriebnahme vergingen rund zwei Jahre. Ursprünglich war es geplant, den Stall umzubauen und die Tierhaltung weiterzuentwickeln. Doch der Umbau zu einem moderneren Stall mit Außenklimareiz und Kot-Harn-Trennung kam aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage. „Die Hofstelle bietet für eine veränderte Schweinehaltung kaum Potential“, berichtet der Landwirt. Gemeinsam mit der Familie wurde überlegt, wie der Betrieb dennoch zukunftsfähig aufgestellt und an die nächste Generation übergeben werden kann. Mit der Mittelspannungsleitung direkt vor der Haustür lag der Batteriespeicher nahe.
Der Arbeitsaufwand sei zunächst groß gewesen, berichtet Müller: Genehmigungen, Technik und Planung hätten viel Zeit in Anspruch genommen. Im laufenden Betrieb beschränkt sich die Arbeit aber auf die Überwachung des Systems – Wartung und Service sind vertraglich geregelt. „Es bleibt spannend, und es gibt immer etwas, das man verbessern kann“, sieht Müller der Inbetriebnahme mitsamt den damit verbundenen Aufgaben, die auf ihn zukommen werden, frohen Mutes entgegen. Da im Prozess Wärme entsteht, muss das Gebäude, gerade im Sommer, durch Klimaanlagen gekühlt werden. Zukünftig soll die entstehende Abwärme der Batterien noch genutzt werden, statt sie unter Stromverbrauch zu kühlen.
Auch andere Landwirte und Betriebe aus der Region zeigen bereits Interesse. Müller teilt seine Erfahrungen offen, vor allem mit Blick auf die komplexen Genehmigungs- und Netzfragen. „Bevor man viel Zeit investiert, sollte man klären, ob der Standort baurechtlich und netztechnisch geeignet ist“, rät er. Fachwissen, gute Partner und Geduld seien entscheidend: „Man kann vieles falsch machen, aber wer sich durchbeißt, schafft sich ein zukunftsfähiges Standbein.“ (LPD 79/2025)
Alisha Trilling
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